Erfüllen sich die Pläne des neuseeländisch-/amerikanischen Startdienstleisters Rocket Lab, dann wird 2021 das bislang aktivste Jahr für das nun schon ziemlich etablierte Startup. Neun Missionen stehen auf der diesjährigen Startliste. Entsprechend früh im Jahr ging deshalb auch die erste Elektron auf die Reise. Sie trug in der Rocket Lab-typischen Art der Namensgebung einen prägnanten Missionstitel, der diesmal „Another One Leaves the Crust“ lautete. Entgegen den sonst bei Rocket Lab üblichen Gepflogenheiten eines vielfachen „Rocket-Sharing“ mit einer größeren Anzahl von Kleinnutzlasten hatte dieses Mal ein einzelner Kunde die gesamte Nutzlastkapazität der Rakete gekauft: Das deutsche Raumfahrtunternehmen OHB.
Die Rakete, es war die insgesamt 18. Electron, machte sich am 20. Januar um 7:26 Uhr mitteleuropäischer Zeit vom Startkomplex 1A des privaten Raumflughafens von Rocket Lab auf der neuseeländischen Halbinsel Mahia auf die Reise in einen polaren Orbit. Acht Minuten und 45 Sekunden nach dem Verlassen der Startanlage war ein Übergangsorbit erreicht und die zweite Stufe entließ die Orbitaleinheit mit dem Satelliten. Dieses Antriebsmodul ist ein eigenes Transportmodul, quasi eine Kickstufe, und wird mit einem Curie-Triebwerk betrieben. Nach einer Freiflugphase von annähernd einer Stunde zündete dieses Triebwerk und zirkularisierte die Bahn. Der OHB-Satellit trennte sich 70 Minuten nach dem Liftoff von der Transfereinheit und begann seine eigenständige Mission.
Für die Durchführung des aktuellen Starts zeigte sich Rocket Lab besonders flexibel. OHB hatte den Startvertrag erst vor einem halben Jahr unterschrieben. Ziel: Ein Start Anfang 2021. Dieser Termin konnte gehalten werden, auch weil OHB mit der Standard-Nutzlastverkleidung der Electron zufrieden war. Eine Spezialanfertigung hätte länger gedauert.
Beim Raumfahrzeug handelt es sich um einen nicht näher spezifizierten Mikrosatelliten. Es wird vermutet, dass es sich dabei um einen Pfadfinder-Satelliten für eine chinesische Kommunikationssatelliten-Konstellation handelt. Selbst der Name des Klein-Raumfahrzeugs war unbekannt, bis ihn OHB unmittelbar nach dem Start in einem Twitter-Meldung offenbarte: GMS-T. Darüber hinaus gab es eine Information von Dr. Lutz Bertling, einem Mitglied der Geschäftsführung von OHB, der bekanntgab, dass OBH den Satelliten im Auftrag des Kunden entwickelte, baute und testete. OHB wird das Raumfahrzeug auch über seine ganze Lebenszeit hinweg betreiben.
Den beiden Logos auf der Fairing der Rakete können weitere Hinweise entnommen werden. Auf einem der beiden Grafiken ist das Raumfahrzeug abgebildet. Links und rechts der Illustration des Satelliten sind die Buchstaben BIU und GMS-T zu erkennen.
Bei GMS handelt es sich um die chinesische Firma GMS, die auch unter dem Namen Shanghai Spacecom Satellite Technology bekannt ist. Von diesem Unternehmen weiß man, dass eine Geschäftsbeziehung mit KLEO Connect besteht, einem Münchner Unternehmen, das mit chinesischer Finanzierung eine Satellitenkonstellation entwickelt, mit dem das Nachverfolgen industrieller Wertsachen (Assets, wie beispielsweise Container oder Güterwaggons) ermöglicht werden soll. Zwei Demonstrationssatelliten von KLEO starteten 2019 an Bord einer chinesischen Rakete.
GMS-T scheint allerdings von seiner Auslegung her, wie auf dem Logo zu erkennen ist, eher für Breitbandkommunikation ausgelegt zu sein. Es ist anzunehmen, dass die Hauptfunktion des Satelliten darin besteht, Frequenzen für eine spätere Nutzung der Konstellation für den Kunden zu reservieren.
Bild: Missionspatch für die Rocket Lab-Mission Nr. 18; Quelle: Rocket Lab