Es ist ein kleiner Anfang, aber immerhin. Die erste offizielle Mission für das ARTEMIS-Programm der NASA hat begonnen. Am 28. Juni brachte Rocket Lab von ihrem privaten Raumflughafen Mahia auf der neuseeländischen Nordinsel die Kleinraumsonde CAPSTONE auf den Weg zum Mond. Als Träger wurde die Electron-Rakete des Unternehmens eingesetzt. Es war die kleinste Trägerrakete, die jemals für eine Mondmission eingesetzt wurde.
CAPSTONE, das steht für “Cislunar Autonomous Positioning System Technology Operations and Navigation Experiment”. Eigentlich sollte diese Mission von ihrer symbolischen Bedeutung für das Programm eher “Cornerstone” heißen. Sie ist für NASA-Verhältnisse ziemlich preiswert. Inklusive Trägerrakete kostet sie lediglich 30 Millionen Dollar. Die kleine Raumsonde ist, die Solargeneratoren nicht eingerechnet, nur etwa so groß wie ein Mikrowellen-Ofen.
Der Start der Electron-Trägerrakete erfolgte um 11:55 Uhr mitteleuropäischer Zeit vom Komplex 1B der Startanlage. Die Nutzlastanforderungen brachten die kleine Trägerrakete an ihre Grenzen. Die gesamte Nutzlast, inklusive der voll betankten Photon-Kickstufe wog etwa 300 Kilogramm, das absolute Maximum, das eine Electron in einen niedrigen Erdorbit transportieren kann. Um das zu schaffen, war es nötig, die Rakete von jeglicher Ausrüstung zu befreien, die nicht unbedingt für die Flugdurchführung notwendig ist. Dies betraf auch das Kamerasystem, mit dem der Missionsfortschritt ansonsten dokumentiert wird.
Die CAPSTONE-Raumsonde selbst wiegt zwar nur 25 Kilogramm, sie muss jedoch auf eine Geschwindigkeit beschleunigt werden, die den Eintritt in eine lunare Transferbahn ermöglicht. Dazu hatte Rocket Lab die standardmäßig eingesetzte Photon-Kickstufe zur „Lunar Photon“ modifiziert und das Curie-Triebwerk dieser Stufe zur „Hypercurie“ weiterentwickelt. Mit dieser Ausrüstung wurde die Sonde in sieben Brennmanövern nach und nach auf die notwendige Geschwindigkeit beschleunigt.
Das Raumfahrzeug ist im Grunde nichts anderes als ein besonders großer Cubesat. Entwickelt und gebaut wurde er von der Tyvak Nanosatellite Systems zusammen mit einigen Subunternehmern, betrieben wird sie von Advanced Space.
Anders als die Trajektorien des Apollo-Programms wird CAPSTONE auf einer besonders energiesparenden Flugbahn zum Mond fliegen. Mit dem Nachteil allerdings, dass dieser Transfer verschlungenen gravitationellen Wegen folgt und bis zum 13. November dauern wird. Diese Bahn führt die kleine Sonde zunächst einmal 1,3 Millionen Kilometer von der Erde weg, bis sie schließlich von der Mondschwerkraft eingefangen wird. Am Ende soll die kleine Sonde sich mit dem eigenen Antrieb in den so genannten „rectilinearen Halo Orbit“ um den Mond begeben
Erst dann ist die ganz spezielle Mondbahn erreicht, in der sich eines Tages auch der Lunar Gateway des ARTEMIS-Programms befindet. Der niedrigste Bahnpunkt über dem Mond wird dann in 1.600 Kilometern Höhe liegen, der größte Mondabstand bei 70.000 Kilometern. Sieben Tage braucht es dann auf dieser Bahn für eine Umkreisung des Erdtrabanten. In dieser Hinsicht ist CAPSTONE eine Art Pfadfinder, die spezielle energiesparende Flugbahnen im cislunaren Raum erproben soll..
Nachtrag: Sechs Tage nach Beginn der Mission, nach fünf erfolgreichen Brennmanövern, wurde CAPSTONE wie geplant auf dem lunaren Transferorbit abgesetzt. Die Trennung vom Photon-Raumfahrzeug und die erste Kontaktaufnahme waren erfolgreich. Doch bald danach reagierte die kleine Sonde nicht mehr auf Anrufe von der Erde. Zum Zeitpunkt, an dem diese Zeilen entstehen, ist ihr Schicksal ungewiss.
Bild: Missionsposter der CAPSTONE-Mission. Quelle: Rocket Lab