Erstflüge vollständig neuentwickelter orbitaler Trägerraketen missglücken in der Raumfahrt mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 50 Prozent. Südkoreas PSLV-II, die auch als „Nuri“ bezeichnet wird, wäre am 21. Oktober beinahe mit Erfolg gesegnet gewesen. Aber eben nur beinahe, denn am Ende fehlten etwa 45 Sekunden Brennzeit der dritten Stufe, um den Erfolg komplett zu machen. Dennoch scheint der über alle drei Stufen neuentwickelte Träger auf einem guten Weg zu sein, und Südkorea kann dem für den kommenden Mai anberaumten zweiten Testflug mit Optimismus entgegensehen.

Die Testmission begann um 18:00 Uhr südkoreanischer Ortszeit, entsprechend 10:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit am Startkomplex 2 des Naro Space Centers an der Südküste des Landes. Es war der vierte Orbitalstart Südkoreas. Drei vorausgegangene Missionen waren auf Basis der Technologie der russischen Angara-Rakete erfolgt. Diese als KSLV-I bezeichnete Träger wurde nun durch die ausschließlich in Südkorea entwickelte KSLV-II abgelöst.

Die KSLV-II wurde vom Korea Aerospace Research Institute (kurz: KARI) entwickelt. Die Rakete wird über alle drei Stufen mit Kerosin und flüssigem Sauerstoff betrieben. Sie weist an der Basis einen Durchmesser von 3,5 Metern auf und ist knapp über 47 Meter hoch. Die erste Stufe wird von vier KRE-075-Triebwerken betrieben, die zusammen knapp unter 3.000 KiloNewton Schub liefern und für 127 Sekunden laufen. Die zweite Stufe läuft mit einem einzelnen vakuum-optimierten KRE-075 Triebwerk, das für 147 Sekunden läuft. Die dritte Stufe wird mit einem einzelnen KRE-007 Triebwerk betrieben, das einen Schub von knapp 70 KiloNewton liefert und im Nominalfall etwa 520 Sekunden laufen soll. Dieses Mal schaltete das Triebwerk aber nach nur 475 Sekunden aus noch ungeklärter Ursache ab.

Bei der Mission sollte ein 1,5 Tonnen schwerer Massensimulator auf eine 700 Kilometer hohe sonnensynchrone Erdumlaufbahn entsendet werden. Dieses Ziel wurde nur knapp verfehlt, denn der Brennschluss der dritten Stufe trat aus noch nicht bekannt gegebenen Gründen 45 Sekunden zu früh ein. Das Abtrennen des Massensimulators gelang allerdings noch.

Anmerkung: Das koreanische Fernsehen muss sich wohl die Startberichterstattungen der Arianespace zum Vorbild genommen haben. Kaum ein Blick auf die Rakete, noch nicht einmal eine Countdown-Uhr, die anzeigte, wann der Start erfolgen sollte, aber dafür eine Dauereinstellung auf unentwegt quasselnde Kommentatoren, die sich gegenseitig anhimmelten.

Bild: Start der KSLV-II. Quelle: KARI