Eines von Elon Musks Mantras lautet: „Konkurrenz belebt das Geschäft“. Ganz in diesem Sinne half er seinem derzeit schärfsten Konkurrenten auf dem Markt der Internet-Konstellationen aus der Bredouille. Dieser Konkurrent ist OneWeb, der seine Satellitenflotte eigentlich ausschließlich mit russischen Sojus 2-Raketen in den Orbit bringen wollte. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und der damit verbundenen vollständigen Abnabelung des Westens von russischen Aufträgen war das nicht länger möglich. So musste das Unternehmen nach anderen Startmöglichkeiten suchen. Die fand sie zum einen in der indischen GSLV Mk. III-Rakete und – zum großen Erstaunen der Raumfahrtwelt – ausgerechnet beim Erzrivalen SpaceX. Der erklärte sich ohne größere Umschweife bereit, den Großteil der noch ausstehenden Satelliten für die Phase 1 der OneWeb-Konstellation mit seinen Falcon 9-Trägerraketen zu starten.
Die Vertragsverhandlungen mit SpaceX, so wurde in einem Bericht in Aviation Week kolportiert, dauerten weniger als drei Tage. Der erste Flug unter diesem Vertrag mit dem Transport von 40 Satelliten erfolgte nun am 8. Dezember. Diese Vorstellung wäre noch Anfang des Jahres als völlig unmöglich betrachtet worden. Für SpaceX war es die 55. Mission des laufenden Jahres und sie verlief in gewohnter Präzision.
Als Booster für die Rakete wurde die Erststufe mit der Bezeichnung B1069 eingesetzt, einer der neueren Fluggeräte von SpaceX. Er erlebte bei dieser Mission seinen vierten Einsatz. Die Anzahl der in den Orbit transportierten OneWeb-Satelliten war so bemessen, dass der Booster nach seinem Einsatz den Rückflug zum Startgelände durchführen konnte. Ein Bergungsschiff für die Erststufe war somit nicht notwendig. Die beiden Hälften der Nutzlastverkleidung mussten allerdings auf die SpaceX-übliche Weise geborgen werden. Dafür musste das SpaceX-Bergungsschiff „Doug“ 604 Kilometer weit in die Karibik fahren.
Die Mission begann um 23:28 Uhr mitteleuropäischer Zeit an der historischen Startrampe 39A des Kennedy Space Center. Der Flug führte zunächst unmittelbar an der Küstenlinie Floridas und erforderte ein so genanntes „Dogleg“-Manöver fast genau in Richtung Süden, um die angestrebte Inklination erreichen zu können.
Zwei Minuten und 17 Sekunden nach dem Verlassen der Startrampe erfolgte der erste Brennschluss der Erststufentriebwerke. Wenige Sekunden später trennten sich beide Stufen. Stufe zwei zündete und brachte die insgesamt 40 Startlinks zunächst in einen Übergangsorbit. Stufe eins zündete drei ihrer neun Triebwerke für insgesamt 48 Sekunden und begann damit den Rückflug zum Cape Canaveral. Nach zwei weiteren Brennmanövern, dem so genannten „Reentry burn“ (mit einer Dauer von 17 Sekunden mit drei Triebwerken) und dem „Landing Burn“ (30 Sekunden Brenndauer mit dem zentralen Triebwerk) ging die erste Stufe in der „Landing Zone 1“ nieder.
55 Minuten nach dem Liftoff zündete die zweite Stufe erneut für eine Dauer von etwa vier Sekunden und zirkularisierte damit die Umlaufbahn in einer Höhe von 600 Kilometern und einer Bahnneigung zum Äquator von 86,52 Grad. In den darauf folgenden 30 Minuten wurden die 40 Satelliten paarweise abgesetzt. Von diesem Orbit aus werden sich die jeweils 148 Kilogramm schweren Einheiten mit den Bordtriebwerken auf den Arbeitsorbit begeben, der sich in 1.200 Kilometern Höhe befindet. Damit sind jetzt 508 der für den Vollbetrieb notwendigen 588 Einheiten im Orbit. Zusammen mit den Reserveeinheiten sollen 648 Satelliten für die Phase 1 in die Erdumlaufbahn transportiert werden.
Mit dieser Mission waren für SpaceX wieder eine Reihe von Erstleistungen verbunden. So war es der erste Flug von der Startrampe 39A, die in eine annähernd polare Erdumlaufbahn führten. Und es dürfte die kürzeste Distanz zwischen dem Fertigungsort einer Nutzlast und dem Startort sein. Beide Anlagen liegen nur wenige Kilometer auseinander.
Bild: Startlogo von OneWeb. Quelle: OneWeb