Das war eine kurze Premiere, und alles Daumendrücken war vergebens. Die Spectrum-Rakete des Münchner Unternehmens Isar Aerospace folgte dem Schicksal von etwa 50 Prozent aller Orbitalträger, die ihren ersten Testflug unternehmen: Sie scheiterte, und das bedauerlicherweise schon nach wenigen Flugsekunden.
Die kleine Trägerrakete hob pünktlich um 13:30 Uhr mitteleuropäischer Zeit von der Startrampe im norwegischen Andøya ab. Aber schon ab der ersten Flugsekunde war klar, dass mit der Flugsteuerung etwas nicht stimmte. Erst leicht, dann immer stärker schlingernd stieg die Rakete in die Höhe. In der Flugsekunde 21 kippte der Träger dann vollständig. Die Triebwerke wurden abgeschaltet und 39 Sekunden nach dem Liftoff schlug die Rakete einige hundert Meter von der Startrampe entfernt im Wasser auf.
Den Verantwortlichen war klar gewesen, dass die Chancen für eine erfolgreiche Mission gering waren und hatten somit vernünftigerweise keine Nutzlast an Bord genommen.
Die Stellungnahme von Isar Aersopace nach der Mission lautete wie folgt: Mit diesem Testflug konnten wir wertvolle Daten und Erfahrungen für zukünftige Missionen sammeln. Dank der strengen Sicherheitsvorkehrungen von Isar Aerospace und Andøya Spaceport war die Sicherheit aller Mitarbeiter jederzeit gewährleistet.
Eine solche Stellungnahme ist in der Form durchaus o.k. Fast schon ein wenig peinlich war dagegen eine nachgeschobene weitere Pressenote, die da lautete: What a success! At 12:30 PM CEST, Isar Aerospace's Spectrum launch vehicle successfully lifted off from Andøya Spaceport in Norway. The launch vehicle was terminated after approx. 30 seconds in flight, and the vehicle fell directly into the sea.
Und noch einmal etwas später eine dritte Note:The successful first test flight from Norwegian soil for Isar Aerospace launch vehicle Spectrum marks a significant milestone for both Isar Aerospace and Andøya Spaceport.
Dazu ist zu sagen: Es war ein Testflug, der sicher interessante und wichtige Resultate brachte. Erfolgreich, wie von Isar Aerospace und fast den gesamten deutschen Medien dargestellt, war er aber ganz gewiss nicht, denn außer dem halbwegs sicheren Verlassen der Startrampe hat die sehr kurze Mission keine weiteren wichtigen Meilensteine absolviert, wie etwa das Durchfliegen des transsonischen Bereiches, das Überschreiten der maximalen dynamischen Belastung, den Abwurf der Nutzlastverkleidung, Stufentrennung und Zündung der zweiten Stufe, Flugstabilität, Treibstoffmanagement, Leistungsverhalten der Triebwerke und so weiter. In der Praxis bedeutet das, dass Testflug Nummer zwei praktisch wieder annähernd bei Punkt Null neu ansetzen muss.
Der Ablauf erinnerte ein wenig an den ersten Fehlstart der Falcon 1 von SpaceX im Jahr 2006. Auch damals endete die Mission der (sehr ähnlich aussehenden und ähnlich großen) Rakete nach nur wenigen Flugsekunden nur wenige hundert Meter von der Startstelle entfernt. Seinerzeit folgten danach noch zwei weitere Fehlstarts, bis es Elon Musks Unternehmen gelang, erstmals einen privaten Satellitenträger in den Orbit zu befördern. Was danach aus SpaceX wurde wissen wir. Hoffen wir ähnliches auch für Isar Aerospace.
Nach dieser Mission sieht die Startübersicht des Jahres 2025 wie folgt aus:
- USA: 36, davon SpaceX: 35
- China: 17, davon 1 Fehlschlag
- Neuseeland: 5
- Russland: 4
- Indien: 1
- Japan: 1
- Europa: 1
- Deutschland: 1, davon 1 Fehlschlag
Die Statistik der eingesetzten Startplätze stellt sich folgendermaßen dar:
- Cape Canaveral/Kennedy Space Center: 25 (18/7)
- Vandenberg Space Force Base: 11
- Jiuquan: 7
- Mahia: 5
- Xichang: 5
- Plessezk: 3
- Wenchang: 3 (staatlich 2/kommerziell: 1)
- Barke Dongfang Hangtiangang: 1
- Taiyuan: 1
- Satish Dhawan: 1
- Tanegashima: 1
- Baikonur: 1
- Guyana Space Centre: 1
- Andøya
Bild: Isar Aerospace/Brady Kenniston/NSF