Die Welt feiert bald den 40. Jahrestag der ersten Mondlandung. Dabei geht unter, dass die Kollegen von Armstrong, Aldrin und Collins mit ebenso spektakulären Missionen Kopf und Kragen riskiert haben, um das Spektakel von Apollo 11 vorzubereiten. Am 26. Mai 1969 landete Apollo 10 sicher auf der Erde.
Ein Beitrag von Alexander Soucek, besonderer Dank an das Österreichische Weltraum Forum
Das Mondlandemodul hieß „Snoopy“, das Kommandomodul „Charlie Brown“. Was für ein erfrischender Kontrast zur nachfolgenden Mission von Apollo 11, wo man sich staatstragender zeigte oder zeigen musste. Und zum ersten Mal bestand die gesamte Besatzung aus „Veteranen“, Astronauten also, die schon einmal vorher im Weltraum gewesen waren.
Pilot der Apollo-Kapsel war John Young aus San Francisco. Pilot der Mondlandefähre war Eugene Cernan aus Chicago. Der Kommandant war Tom Patten Stafford aus einem Kaff in Oklahoma. Stafford und Cernan waren schon einmal gemeinsam im All gewesen, als Besatzung der Mission Gemini-9 drei Jahre zuvor. Dass sie damals fliegen durften, verdankten sie einem schlimmen Unfall. Die ursprünglich vorgesehenen Astronauten Elliott See und Charly Bassett kamen vier Monate vor dem Start bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Sie sind bis heute ziemlich vergessene Helden der zweiten Stunde der US-Raumfahrt.
Apollo 10 hob am 18. Mai 1969 um 16:49 UTC ab. Erst nach zwei Erdumkreisungen wurde die Kombination aus Service Module, Lunar Module und Command Module in eine Mond-Transferbahn gebracht. Zum zweiten Mal in der Geschichte waren damit drei Menschen unterwegs zu einem anderen Himmelskörper. Die Generalprobe der bemannten Mondlandung hatte begonnen.
76 Stunden nach dem Start erreichten Snoopy, Charlie Brown, Tom Stafford, John Young und Eugene Cernan den Mond, den sie zu fünft nach einem erfolgreichen Einschuss-Manöver fortan gemeinsam umkreisten. Knapp einen Tag danach begannen die Prozeduren, um Snoopy zum Leben zu erwecken. In einer Höhe von 110 Kilometern über der Mondoberfläche wurde die Landefähre von der Kommando-Service-Struktur getrennt. Alle ab nun durchgeführten Prozeduren entsprachen im Detail den Planungen für die eigentliche Landung. 99 Stunden und 45 Minuten nach dem Start im frühlingshaft-heißen Florida begann der Abstieg zum Mond.
47400 Fuß über der Oberfläche des Erdtrabanten war allerdings wieder Schluss. Stafford und Cernan mussten den unteren Teil des Landemoduls abtrennen und durch Zünden des Bordtriebwerks wieder zum Treffen mit dem Mutterschiff aufsteigen. Die Aufstiegsstufe der Mondlandefähre kreist noch heute in einem heliozentrischen Orbit und ist damit das letzte große Element der Apollo-Tage, das immer noch im Weltraum frei schwebend unterwegs ist!
Mit wenigen Ausnahmen verlief alles nach Plan. Auch wenn später immer wieder erzählt wurde, es hätte die Astronauten „gejuckt“ auch noch die restlichen Kilometer abzusteigen, haben sie gut daran getan, es nicht zu tun. Es war nicht nur nicht vorgesehen, sondern auch – Detail am Rande – nicht möglich. Dafür hatte die Besatzung eine andere wesentliche Aufgabe: die Beobachtung des Landeortes der Nachfolge-Mission Apollo 11: das Meer der Ruhe, Mare Tranquilitatis.
137 Stunden nach dem Start war es Zeit zurückzukommen zur Erde. Der Mondorbit wurde verlassen. Während den Stunden der Rückkehr erreichte Charlie Brown mit seiner Besatzung die höchste jemals geflogene Geschwindigkeit eines bemannten Raumschiffs: knapp 39.900 km/h. Die Wasserung im Pazifik war eine Punktlandung: in Sichtweite des als Haupt-Rettungsschiff auserkorenen Flugzeugträgers USS Princeton. In der Morgendämmerung wurde die Besatzung per Hubschrauber geborgen. Auch Charlie Brown fischte man aus dem Wasser. Die Kapsel kann heute im Science Museum in London besucht werden.
Die Mission Apollo 10 leistete viel Pionierarbeit. So wurde während der Mission zum ersten Mal Farbfernsehen live aus dem Weltraum gesendet. Die wirklich beeindruckende Tatsache ist aber, dass die Nachfolgemission Apollo 11 nur acht Wochen später gestartet wurde, um Geschichte zu schreiben, und dass seit dem bemannten Erstflug dieses Programms, Apollo 7, erst sieben Monate vergangen waren. Dieses stakkato-artige Vorwärtstreiben, bei dem mit jedem Mal noch nie erreichte Dinge geleistet wurden, war einmalig. Das Tempo war der Zeit, dem Ziel und den Umständen geschuldet.
Dieses Vorwärtstreiben ist Teil der Faszination von Apollo, und außerdem ist es eine sentimentale Erinnerung an die Tage des glorreichen Draufgängertums.
Hinweis: Das Österreichische Weltraum Forum lässt in den Wochen vor dem 40-Jahre-Jubiläum der ersten Mondlandung die Vorgänger-Missionen von Apollo 11 wieder aufleben und erinnert an die spannungsgeladenen Momente und die vielen „ersten Male“. Auch auf Der Orion können Sie diese Zeitreise mitmachen!