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In der Nacht vom 1. auf den 2. November wurden vom nordrussischen Weltraumbahnhof Plesetzk zwei Forschungssatelliten der ESA mit einer einzelnen Trägerrakete in getrennte polare Erdumlaufbahnen befördert. Eines der beiden Raumfahrzeuge - SMOS - wird für  Untersuchungen der Bodenfeuchtigkeit und des Salzgehalts der Ozeane eingesetzt, bei dem anderen handelt es sich um den zweite Demonstrationssatelliten des ESA-Projektes für Bordautonomie (PROBA-2). Als Träger wurde eine modifizierte Interkontinentalrakete des Typs SS-19 eingesetzt, besser bekannt unter ihrem zivilen Namen "Rokot". An der Spitze des Trägers befand sich eine hoch bewegliche Oberstufe des Typs "Breeze KM", die ihrerseit wiederum die beiden Raumfahrzeuge trug. Diese Oberstufe ist in der Lage mehrere Satelliten auf unterschiedlichen Bahnen abzusetzen.

Der Start erfolgte um 2:50 Uhr mitteleuropäischer Zeit bei dichtem Nebel. Innerhalb von nur gut fünf Minuten hatte die beschleunigungsstarke Rakete unter Einsatz der ersten beiden ersten Stufen einen Übergangsorbit erreicht. Die weitere Mission übernahm die Breeze M-Oberstufe. Über der Barents-See riss der Funkkontakt ab, da dort keine Bahnverfolgungs-stationen existieren. Dieses "Time-out" war aber eingeplant und der Träger wickelte alle Aktionen autonom ab. Für 45 Minuten bestand danach kein Kontakt mehr mit der Breeze M und ihrer insgesamt 370 Millionen Euro teuren Fracht. Erst als sich die Kombination der Empfangsanlage von Hartebeesthoek in Südafrika näherte, konnte die Funkverbindung wieder hergestellt werden.

An diesem Punkt wurde um 3:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit der 655 Kilogramm schwere SMOS in einem nahezu kreisförmigen Orbit in 755 Kilometern Höhe und einer Bahnneigung von 98,4 Grad zum Äquator freigegeben.

Der 130 Kilogramm schwere Proba 2 verblieb noch für einen weiteren Erdumlauf auf der Breeze KM, die eine Bahnänderung durchführte und dann auch ihn in einer Flughöhe von 725 Kilometern "entließ".

Das Kosmodrom Plesetsk befindet sich etwa 800 Kilometer nördlich von Moskau in der Region Archangelsk. Die Rockot mit ihrer Breeze KM Oberstufe eignet sich insbesondere für den Start von zivilen Erdbeobachtungs-, Wissenschafts- und Kommunikationssatelliten in polare Umlaufbahnen bis zu ca. 1200 Kilometern Höhe.

SMOS wird bei der weltweiten Überwachung des Klimawandels eine entscheidende Rolle übernehmen. Es ist der erste Satellit, der sowohl die Kartierung des Salzgehalts an der Oberfläche der Ozeane als auch die weltweite Überwachung der Bodenfeuchtigkeit durchführen kann. Er verfügt über ein einzigartiges interferometrisches Radiometer, das die passive Überwachung des Wasserkreislaufs zwischen Ozeanen, Atmosphäre und Festland ermöglicht.

SMOS ist Bestandteil des ESA- Earth Explorer- Programms, zu dem auch der im März 2009 ebenfalls von einer Rockot gestarteten Satellit GOCE gehört. SMOS (Soil Moisture and Ocean Salinity) wird durch die Ermittlung von Bodenfeuchte und Meeressalzgehalt Rückschlüsse auf den globalen Wasserkreislauf und damit eine bessere Vorhersage von Extremwetterlagen ermöglichen. Das dafür verwendete Instrument "MIRAS" wurde von EADS CASA Espacio in Madrid entwickelt und nutzt Mikrowellentechnologie. "MIRAS" ist ein Interferometer, das 69 auf drei Schwenkarmen montierte Empfänger zur Messung der Temperatur der Reflexionen der Erdoberfläche im Mikrowellenbereich miteinander verbindet. Diese Temperatur hängt mit der Temperatur der Erdoberfläche und ihren leitenden Eigenschaften zusammen, und diese wiederum mit der Bodenfeuchtigkeit der Landoberfläche

Am Bau des Satelliten war die französische Raumfahrtagentur CNES mit einer Proteus-Satellitenplattform sowie Thales Alenia Space in Cannes als Hauptauftragnehmer beteiligt.

Nach GOCE und SMOS befinden sich noch weitere Erdforschungssatelliten in Vorbereitung. Cryosat-2, der die Dicke des schwimmenden Meereises erfassen wird, soll im Februar 2010 gestartet werden. 2011 werden die Missionen ADM-Aeolus zur Untersuchung der Atmosphärendynamik und SWARM zur Überwachung der Schwächung des Magnetfelds der Erde folgen. Für 2013 ist die Mission EarthCARE zur Erforschung von Wolken und Aerosolen geplant.

Der beim Start von SMOS als Huckepacknutzlast auf den Weg gebrachte Satellit PROBA-2 ist der Nachfolger des 2001 gestarteten äußerst erfolgreichen Satelliten PROBA-1. Er wird die orbitale Demonstration fortschrittlichen Satellitentechnologien wie Miniatursensoren für künftige ESA-Raumsonden und eine hochmoderne CCD-Kamera mit einem Betrachtungswinkel von ca. 120° durchführen. Zusätzlich verfügt er über vier Forschungsinstrumente zur Beobachtung der Sonne und zur Untersuchung solarer Plasma-Phänomene.

PROBA-2 wurde im Auftrag der ESA durch das belgische Unternehmen Verhaert hergestellt.

Das vom Centre National d’Etudes Spatiales (CNES) im französischen Toulouse betriebene PROTEUS-Missionskontrollzentrum übernimmt im Auftrag der ESA die Flugkontrolle von SMOS, während das PROBA-Kontrollzentrum in der Bahnverfolgungsstation der ESA im belgischen Redu für die Flugkontrolle von PROBA-2 zuständig ist.

Der Anfangsbetrieb in der Umlaufbahn wurde bereits eingeleitet, um die Satelliten zu überprüfen, bevor sie für den eigentlichen Betrieb freigegeben werden. PROBA-2 soll in zwei Monaten betriebsbereit sein, während die äußerst innovative Nutzlast an Bord von SMOS länger geprüft und kalibriert werden muss, weshalb der Satellit erst in etwa sechs Monaten voll betriebsbereit sein wird.

Astra