Mehr als 10 Jahre ist es her, seit das erste Element der Internationalen Raumstation in den Weltraum entsendet wurde. Über 80 Prozent aller Hardware-Komponenten sind in der Zwischenzeit im Orbit, und nun wurde wieder ein bedeutender Schritt zur vollen Funktionsfähigkeit der Station erzielt: Das Herstellen der nominellen Besatzungsstärke. Mit dem reibungslosen Start von Sojus TMA 15 am 27. Mai und dem erfolgreichen Anlegemanäver zwei Tage später verdoppelt sich die Stärke der permanent an Bord der Raumstation befindlichen Astronauten und Kosmonauten von drei auf sechs.
An Bord des Außenpostens befinden sich seit mehr als zwei Monaten bereits der gegenwärtige Stationskommandant Gennadi Padalka aus Russland, der amerikanische Bordingenieur Mike Barratt von der NASA und der japanische Wissenschaftsoffizier Koichi Wakata von der japanischen Raumfahrtagentur JAXA. Mit Sojus TMA 15 starteten Roman Romanenko von der russischen Raumfahrtagentur, Frank de Winne von der ESA und der Kanadier Robert Thirsk von der kanadischen Weltraumagentur CSA.
Der Liftoff in Baikonur erfolgte um 12:34 Uhr mitteleuropäischer Zeit bei strahlendem Wetter. Kaum eine Wolke war am Himmel zu sehen. Die TV-Direktübertragung aus dem Raumfahrzeug zeigte Roman Romanenko, den Sohn des dreimaligen sowjetischen Kosmonauten Juri Romanenko, im Mittelsitz der Sojus. Links von ihm saß Frank de Winne, auf seiner rechten Seite Robert Thirsk. Alle drei Raumfahrer machten einen recht entspannten Eindruck bei ihrem Aufstieg in den Orbit.
Dieses erste Ziel ihrer Mission war neun Minuten nach dem Abheben erreicht. Dann entfalteten sich die Antennen und die Solargeneratoren des Raumfahrzeugs.
Am 29. Mai, um 14:34 Uhr mitteleuropäischer Zeit legte Sojus TMA 15 am Sarya-Modul der ISS an. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Station in einer Höhe von 348 Kilometern über der Südküste Chinas. Sojus TMA 14, mit der Padalka und Barratt am 26. März die Station erreichten, ist am Zvesda-Modul befestigt. Wakata ist noch einige Tage länger in der Station, denn er kam mit der Crew der Discovery am 15. März dort an.
Bis zum heutigen Tag war die Station in ihrer Funktion als Forschungseinrichtung von eher geringem Wert, da die bislang dreiköpfige Besatzung den weitaus überwiegenden Teil ihrer Arbeitsleistung für die Instandhaltung der Station aufwenden musste. Bislang konnten nur etwa 20 Arbeitsstunden pro Woche für die Forschung aufgewendet werden. Diese verfügbare Zeit wird mit der nun sechsköpfigen Besatzung auf mehr als 70 Wochenstunden steigen.
Durch die personelle Verstärkung verdient die Raumstation die Bezeichnung „International“ nun auch wahrhaftig. Mit der Ankunft von Romanenko, Thirsk und de Winne sind erstmals alle fünf Raumfahrtagenturen an Bord vertreten, welche an der Errichtung der ISS beteiligt sind. Nach dem Eintreffen der Expeditionscrew 21 im September wird Frank de Winne als erster Europäer auch das Kommando über die Station übernehmen.