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Sternfeld, das Kepler beobachtet Sehen Sie sich das Eingangsbild einmal genau an. Was erkennen Sie da? Es ist nicht so ohne weiteres und auf Anhieb erkennbar, aber den astronomisch vorgebildeten Lesern wird schnell klar: Es ist eine kleine Himmelsregion zwischen den Sternbildern Leier und Schwan, in der Mitte zwischen Wega und Deneb. Diese Himmelsregion wird von nun an unter permanenter Beobachtung stehen, und zwar durch Amerikas neueste Raumsonde. Mehr als dreieinhalb Jahre lang wird sie ununterbrochen auf diese eine Stelle am Himmel starren. Aber beginnen wir von vorne...

Am Samstagmorgen 4:49:57 Uhr mitteleuropäischer Zeit, dem 7. März, entsprechend Freitagabend 22:49:57 Uhr am Vortag amerikanischer Ostküstenzeit brach die Raumsonde Kepler zu einer auf mindestens dreieinhalb Jahre angesetzten Mission zur Ermittlung extrasolarer erdähnlicher Planeten auf. Die Raumsonde befand sich in der Nutzlastverkleidung einer Delta 2, einem der zuverlässigsten Arbeitspferde im amerikanischen Trägerraketen-Arsenal. Die Rakete brachte auch diesmal nach einem problemlosen Countdown von der Startrampe 17 B der Cape Canaveral Luftwaffenstation ihre wertvolle Fracht erfolgreich ins All. Die Aufgabe von Kepler, der inzwischen 10. Mission des NASA-Discovery Programms, ist das Aufspüren erdähnlicher Planeten in Umlaufbahnen um andere Sonnen. 

Benannt wurde das Raumfahrzeug nach dem berühmten deutschen Astronomen des 17. Jahrhunderts, der die Bewegungsgesetze der Planeten formulierte. 

Der nächtliche Beginn der 591 Millionen Dollar teuren Mission war ein eindrucksvolles Schauspiel, bei dem die Ostküste Floridas am Brevard County für Minuten in helles Licht getaucht war.  

Zwei Sekunden vor dem Abheben zündeten die beiden Vernier-Triebwerke, zuständig für Rollkontrolle und Lageregelung der Rakete, gefolgt vom Hauptmotor der ersten Stufe. Exakt zum Zeitpunkt 0 zündeten schließlich auch sechs der neun Feststoffmotoren. 

Das akustische Erlebnis war beeindruckend, als die United Launch Alliance Delta 2 in der Version 7925-10L mit ihrem charakteristischen Spurtstart schnell die Rampe hinter sich ließ, und auf eine leicht nach Südosten geneigte Flugbahn über den Atlantik hinaus schwenkte. 

77 Sekunden nach dem Abhaben waren die sechs am Boden gezündeten Alliant-Techsystem Booster, von denen jeder knapp fünfzig Tonnen Schub lieferte, ausgebrannt und wurden abgeworfen. Drei Sekunden vor dem Abwurf war der zweite Boostersatz mit seinen drei Feststoffmotoren gezündet worden um den Schub der Zentralstufe mit dem knapp 100 Tonnen Schub leistenden RS-27A Motor für eine weitere Minute zu verstärken. 

Zwei Minuten und 15 Sekunden nach dem Abheben wurden auch die drei so genannten "Air-lits", die in der Luft gezündeten Booster, abgeworfen. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Flughöhe schon 45 Kilometer und die Geschwindigkeit etwa 8.000 Kilometer pro Stunde. 

Vier Minuten und 41 Sekunden nach dem Abheben war der Treibstoff der ersten Stufe verbraucht und die Einheit wurde abgeworfen. Der weitere Aufstieg wurde mit dem Antrieb des etwa vier Tonnen Schub leistenden Zweitstufentriebwerks vom Typ Aerojet AJ10-118Kder Delta fortgesetzt. 

Zehn Minuten und fünf Sekunden nach dem Liftoff war eine erste Übergangsbahn in einem niedrigen Erdorbit erreicht und das Zweitstufentriebwerk wurde stillgelegt. Um die Drittstufe mit Kepler auf die Ausgangsbahn für den Einschuss in den solaren Orbit zu bringen, war aber noch eine zweite Brennphase der Delta-Zweitstufe erforderlich. 

53 Minuten und 17 Sekunden nach dem Liftoff zündete die zweite Stufe der Delta ein zweites Mal, diesmal für 64 Sekunden um die Kombination weiter zu beschleunigen.

55 Minuten und 30 Sekunden nach dem Start versetzte sich die dritte Stufe mit dem Raumfahrzeug in eine schnelle Rotation von 55 Umdrehungen pro Minute, um für die Kombination eine Drallstabilisierung zu bewirken. Danach trennte sich die Oberstufe.

55 Minuten und 58 Sekunden nach dem Abheben begann der Thiokol Star 48B Feststoffmotor für 90 Sekunden zu feuern. Nach dem Ausbrennen des Motors erfolgte der "De-spun", das heißt, die Drehung der Kombination wurde stark reduziert.

Fünf Minuten nach dem Abschluss der letzten Brennphase gab der bis zum Schluss verbliebene Rest der Delta die Raumsonde frei. 18 Minuten nach der Trennung meldete sich Kepler beim Deep Space Network in Goldstone, Kalifornien. 

Die Mission in der Nacht von Freitag auf Samstag war der 339. Start einer Delta seit diese zivile Variante der damaligen Thor-Mittelstreckenrakete im Jahr 1960 in den Dienst der NASA trat.  Es war der 141. Start der Delta 2, die seit 1989 im Dienst ist. Es war der 86. erfolgreiche Delta 2 Start in ununterbrochener Reihenfolge und der 139. erfolgreiche Start dieser Serie insgesamt.

Teil 2 unseres Berichtes: morgen