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Großer Erfolg für die aufstrebende Raumfahrtnation Indien. Am frühen Morgen des 22. Oktober 2008 startete eine Trägerrakete des Typs PSLV vom Satish Dhawan Space Center auf der Halbinsel Sriharikota an Indiens Südostküste und brachte die Mondsonde Chandrayaan 1 in eine Umlaufbahn um die Erde. Chandraayan - der Name bedeutet in Sanskrit "Mondschiff" -  ist mit Instrumenten aus Indien, Europa und den USA bestückt.

Der Träger hob um 2:52 Uhr mitteleuropäischer Zeit von der neu errichteten Rampe 2 des Startzentrums ab.  Die Rakete ist eine verbesserte Version der PSLV. Sie setzt jetzt stärkere Feststoffbooster ein, die statt der bisher neun Tonnen Treibstoff pro Antriebseinheit jetzt 12 Tonnen Treibstoff enthalten. Diese neue Version wird als PSLV-C11 bezeichnet.

Das 1.380 Kilogramm schwere Raumfahrzeug befand sich unmittelbar nach dem Start in einem Übergangsorbit  mit 255 Kilometern als erdnächstem und 22.860 Kilometern als erdfernstem Punkt. Diese Umlaufbahn war um 17,9 Grad gegen den Erdäquator geneigt.

Zählt man diese aktuelle Mission mit, dann wurden bisher vierzehn PSLV gestartet. Zwölf  davon waren vollständig erfolgreich, eine (Mission No. 4) landete in einer zu niedrigen Umlaufbahn und lediglich der Erstflug scheiterte

Die PSLV ist ein sehr komplexes Startgerät. Sie besteht aus vier Basisstufen von denen zwei mit festen Treibsätzen und zwei mit flüssigen Stoffen betrieben werden. Dazu kommen sechs feststoffbetriebene Starthilfsraketen, die auch eine gestufte Brennsequenz haben. Vier zünden am Boden, die restlichen zwei 25 Sekunden nach dem Liftoff in der Luft. Die beiden mit Flüssigtreibstoff betriebenen Stufen nutzen obendrein auch noch unterschiedliche Treibstoffkombinationen auf Basis giftiger Hydrazine und dem ebenfalls recht toxischen Stickstofftetroxid. 

Chandrayaan 1 wird in den nächsten Wochen sein Bordtriebwerk fünfmal in Betrieb nehmen, und den Erdorbit soweit anheben, bis das Apogäum bei 400.000 Kilometern liegt, also etwa auf Höhe der Mondbahn. Am 8. November ist dann eine weitere Zündung geplant, die das Raumfahrzeug in einen Mondorbit überführt. Diese Bahn ist zunächst noch stark elliptisch, wird dann aber nach und nach abgesenkt, bis eine Kreisbahn in 100 Kilometern Höhe erreicht ist.

Etwa um den 15. November herum soll Chandrayaan eine kleine Aufschlagsonde freigeben. Ihr Trip vom Orbit bis zur Mondoberfläche wird ca. 30 Minuten dauern. Der kleine Subsatellit wird Bilder, Höheninformationen und Spektraldaten zur Erde senden. Chandraayan dient dabei als Relay.

Die insgesamt 80 Millionen Dollar teure Mission ist Indiens Antwort auf zwei Mondorbiter, die im letzten Jahr von Japan und China gestartet wurden. Die indische Mission hat ihren Aufgabenschwerpunkt bei der Ermittlung der mineralogischen Zusammensetzung der Mondoberfläche.

Im Gegensatz zu den Missionen Japans und Chinas lud Indien auch andere Nationen ein, zu ihrer Mission beizutragen. Wissenschaftler aus Europa und den Vereinigten Staaten nahmen dieses Angebot an, mit dem Ergebnis, dass jetzt sechs der 11 Instrumente nicht aus Indien stammen. Die europäische Raumfahrtagentur beispielsweise gab acht Millionen Dollar aus, um drei Instrumente zu finanzieren:

  • ein britisches Röntgenspektrometer und ein deutsches Infrarotspektrometer. Die beiden Geräte können die Oberflächenbeschaffenheit direkt an der Oberfläche und in einiger Tiefe feststellen. Beide Instrumente basieren auf Geräten, die schon auf der europäischen Mondsonde SMART geflogen sind.
  • Die ESA-Beteiligung umfasst auch noch SARA, einen schwedischen Sonnenwindmonitor der die Interaktion des Sonnenwindes mit der Mondoberfläche messen soll.

Die NASA steuerte zwei weitere Experimente bei, ein Mini-Synthetic Aperture Radar und einen "Moon Mineralogy Mapper". Dieses Gerät (Spitzname M3) ist ein Spektrometer, das seine Messungen im sichtbaren Wellenbereich und nahen Infrarotbereich mit bislang unerreichtem Auflösungsvermögen vornimmt. Die Wissenschaftler des Jet Propulsion Laboratory, die M3 gebaut haben, hoffen, dass sie mit dieser Vorrichtung mineralogische Karten des Mondes anfertigen können, die für zukünftige bemannte Missionen hilfreich sind. M3 ist auch in der Lage,  Vorkommen von Wassereis im Inneren von abgeschatteten Kraterwällen nahe der Mondpole festzustellen.

Auch das zweite amerikanische Gerät an Bord von Chandraayan zielt in diese Richtung. Das MiniSAR wurde von den Applied Physics Laboratories  der Johns Hopkins Universität entwickelt. Auch mit diesem Gerät wird nach Wassereis im Inneren von Kraterwällen an den Mondpolen gesucht.  

Bulgarien, noch nicht ESA-Mitglied, steuert ebenfalls ein Instrument bei: ein Gerät, das Strahlungsmessungen im Umfeld des Mondes durchführen soll.

Die indischen Nutzlasten sind

  • eine  "Terrain Mapping Camera", eine Spezialkamera mit der detaillierte dreidimensionale Oberflächenbilder gewonnen werden können. Das Auflösungsvermögen dieser Kamera beträgt fünf Meter pro Bildelement.
  • Eine "Hyperspektralkamera" mit der die chemische Zusammensetzung des Mondbodens festgestellt werden soll.
  • Ein "Lunar Laser Ranging Experiment" für genaue Höhenmessungen topografischer Merkmale auf der Mondoberfläche.
  • Ein Hochenergie-Röntgenspektrometer und schließlich
  • Eine 29 Kilogramm schwere Mondeinschlagsonde, die ihrerseits drei Geräte an Bord hat, nämlich einen Radarhöhenmesser, ein Videosystem, das Bilder bis zum Aufschlag übermitteln soll, und ein Massenspektrometer, mit dem die Zusammensetzung der ultradünnen Mondatmosphäre während des Abstiegs zur Oberfläche festgestellt werden soll.

Und hier die letzte Meldung: Nach dem "Orbit raising maneuvre no. 3", das gestern (26.11.2008) stattfand, befindet sich Chandraayan derzeit in einem Erdorbit mit einem niedrigsten Bahnpunkt von 348 Kilometern und einem höchsten Bahnpunkt von 164.000 Kilometern. Die Umlaufzeit beträgt 73 Stunden.

Astra