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Seit Tagen hält die Verwirrung über den versuchten Weltraumstart des Iran am vergangenen Montag an. Zu dieser Verwirrung trägt die Vertuschungstaktik der iranischen Offiziellen bei und der Umstand, dass die iranischen Medien auch nicht die leiseste Ahnung von Raumfahrt-Terminologie haben und beispielsweise keinerlei Unterschied zwischen Suborbital und Orbital machen. Vor drei Tagen gab es aber ein etwas erhellenderes US-Statment dazu, in dem es heißt, dass die "USS Russell", ein Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse, die Bahn der Rakete vermessen hätte. Nach diesen Informationen kam die Rakete noch während der Brenndauer der ersten Stufe vom Kurs ab.

Die Anwesenheit ausgerechnet der "Russell" vor der Küste des Iran ist im Zusammenhang mit dem iranischen Raketenstart in hohem Maße interessant. Ein Schelm wer dabei Böses denkt. Just dieses Schiff war Anfang des Jahres am spektakulären Abschuss des funktionslos im Orbit gestrandeten Spionagesatelliten USA 193 beteiligt gewesen. Hier unser damaliger Beitrag. Dass dieses Schiff jetzt rein zufällig vor der Persischen Küste Patrouille fährt, und dass die US-Regierung ganz beiläufig auch den Namen des Schiffes im Zusammenhang mit diesem Statement nennt, kann man nur als bedachten Hinweis an die Richtung der iranischen Staatsführung betrachten. Denn eines ist klar: Eine zweistufige Trägerrakete kann auch gleichzeitig als Interkontinentalrakete verwendet werden. Und Aufgabe der Schiffe der Arleigh-Burke-Klasse ist es, solche Raketen notfalls abzuschießen.

Für weitere Spekulationen ist es aufgrund der noch sehr dünnen Datenbasis noch ein wenig früh. Bleiben wir deswegen bei den Fakten. Aus den widersprüchlichen Meldungen kristallisiert sich folgendes heraus:

1. Der Iran hat am Montag versucht, eine zweistufige Trägerrakete des Typs Safir in einen niedrigen Erdorbit zu schießen. Die ist missglückt.

2. Bei der ersten Stufe der Trägerrakete handelt es sich um eine nur leicht modifizierte militärische Mittelstreckenrakete des Typs Shahab 3B. Dieser Typ ist keine iranische Eigenentwicklung sondern geht - über die nordkoreanische Nodong-Rakete - zurück auf die alte sowjetische Mittelstreckenrakete R-5M.

3. Die zweite Stufe dürfte ebenfalls auf einem russischen Modell basieren, und zwar auf der R-17, besser bekannt unter der NATO-Bezeichnung Scud. Es könnte sich aber auch um eine pakistanische Ghauri 110 handeln, die ihrerseits auf die chinesischen Militärraketen M-9, M-11 und M-18 zurückgeht (die selbst wiederum einen sowjetischen Ursprung haben).

4. Die zweite Stufe müsste, um eine nennenswerte Orbitleistung zu erzielen, wieder zündbar sein. Dies erfordert eine technische Expertise, die mir momentan für die iranischen Fähigkeiten zweifelhaft erscheint.

Fragen muss man sich, warum ein Erstflug dieser Art ausgerechnet in der Nacht stattfand, wo es doch mit einer Dummy-Nutzlast keinerlei bahntechnische Begründung dafür gibt. Man müsste annehmen, dass man einen derartigen Einsatz so lange wie möglich mit Bahnverfolgungskameras festhalten möchte, um eventuelle Anomalien (wie sie auch tatsächlich aufgetreten sind) optisch erfassen zu können.

Fazit: Widersprüchlich und eigenartig, wie so vieles im Iran. Das iranische Orbitalträgerprogramm besteht aus Nachbauten sowjetischer Militärraketen der frühen sechziger Jahre. Ein eigenständiger technologischer Ansatz ist nicht erkennbar. Nichtsdestotrotz könnte der Iran in Kürze damit über die Kapazität verfügen, Satelliten mit einem Gewicht von einigen hundert Kilogramm in eine niedrige Erdumlaufbahn zu befördern.

Astra