Gestern abend 23:47 Uhr mitteleuropäischer Zeit machte sich bereits die vierte Ariane 5 in diesem Jahr auf den Weg in den geostationären Transferorbit um die Erde. Die Mission ist Teil des Rekordflugplans, den Arianespace für 2008 plant. Insgesamt sollen sieben Ariane 5 Missionen durchgeführt werden, so viele wie nie zuvor in einem einzelnen Jahr seit der Einführung dieses Trägertyps im Jahre 1999.
Die Ariane 5 in der Version ECA mit kryogener Oberstufe lieferte eine Nutzlast von exakt 8.639 Kilogramm in den geostationären Transferorbit. Dieses Gewicht beinhaltet 7.537 Kilogramm für die beiden Satelliten ProtoStar I und Badr 6, Integrationshardware der beiden Raumfahrzeuge und den Sylda 5-Dispenser. Badr 6 war beim Start in die Sylda-Nutzlastverkleidung eingeschlossen, während Protostar 1 obenauf montiert wurde.
ProtoStar I ist das erste Raumfahrzeug in einer künftigen Flotte von Relay-Plattformen des gleichnamigen US/asiatischen Satelliten-Serviceleisters. Die Gesellschaft will vor allem High Definition-Fernsehen und Internetdienste in südostasien über ihre Satelliten verbreiten. Protostar 1 basiert auf der Satellitenplattform 1300 von Space Systems/Loral. Protostar 1 wog beim Start 4.200 Kilogramm und ist mit 16-Ku Band und 32 C-Band Transpondern ausgerüstet. Das Raumfahrzeug ist der 33. Satellit den Arianespace für Space Systems/Loral startet.
Protostar 1 hat bereits eine bewegte Geschichte hinter sich. Der Satellit wurde bereits mitte der neunziger Jahre für die China Telecommunications Broadcast Satellite Corp unter dem Namen Chinasat 8 gebaut, und sollte 1999 mit einer Long March 3B-Trägerrakete von China aus gestartet werden. Dann kamen die US-Handelsrestriktionen für Hochtechnologie gegenüber China und das Raumfahrzeug durfte nicht ausgeliefert werden. Nach einigem Hin und Her und einer jahrelangen Einmottungsphase verkauften die Chinesen schließlich vor zwei Jahren den Satelliten an Protostar. Space Systems/Loral überholte ihn und lieferte ihn in diesem Jahr aus.
Protostar 1 wird, wenn er seine Solargeneratoren und Antennen entfaltet hat, 3,8 Meter hoch sein, 2,4 Meter Breit und eine Spannweite von 31,10 Metern über die Solargeneratoren aufweisen. Die werden am Missionsbeginn 7,7 Kilowatt an Strom erzeugen.
Bei dem anderen Satelliten handelt es sich um Badr 6, der im Auftrag der Arab Satellite Communications Organization (ARABSAT) von Astrium auf Basis der Baureihe Eurostar E2000+ produziert wurde. .
Badr 6 ist der dritte Satellit, den Astrium für den Betreiber ARABSAT mit Sitz im saudi-arabischen Riad herstellt. Der mit Ku-Band- und C-Band-Transpondern ausgestattete Mehrzweck-Telekommunikationssatellit soll die arabische Welt und benachbarte Staaten mit Direktrundfunk und Breitband-Internetverbindungen versorgen und bietet ausreichend Zusatzkapazitäten für den erwarteten rasanten Anstieg der Nachfrage nach hochauflösenden Fernsehsignalen im HDTV-Standard.
Badr 6, ein Satellit der Eurostar-Baureihe E2000+, wurde im Juni 2006 geordert, am Astrium-Standort in Toulouse montiert und am 17. März 2008 nach ausgiebigen Leistungstests erfolgreich der letzten Abnahmeprüfung vor der Verschiffung nach Kourou unterzogen. Dort wurde er am 28. Mai 2008 ausgeliefert, mit Treibstoff befüllt und auf den Start vorbereitet. Der 3.346 Kilo schwere Satellit mit 24 Transpondern im C-Band und 20 Transpondern im Ku-Band hat seinen Platz in der Doppelstartvorrichtung SYLDA 5 an der Spitze der Ariane-5-Trägerrakete eingenommen.
Badr 6 wird nach Entfaltung der Solargeneratoren 2,9 Meter hoch, 1,75 Meter tief und eine Spannweite von 32 Metern aufweisen. Die Solargeneratoren werden am Beginn der Mission eine Leistung von 7,8 Kilowatt generieren.
Im Rahmen der vertraglich vereinbarten betriebsfertigen Auslieferung von BADR-6 ist Astrium neben seinen Aufgaben als Hauptauftragnehmer für den Satelliten auch für die Phase des Starts und Eintritts in die vorläufige Umlaufbahn (Lauch and Early Orbit Phase, LEOP) verantwortlich. Die Telekommunikationsnutzlast von BADR 6 stammt von Thales Alenia Space.
Mit Badr 6 startet der 36. Eurostar-Satellit in die Umlaufbahn – und gleichzeitig der letzte der Baureihe E2000+. Als Weiterentwicklung der Baureihe Eurostar E1000/2000 übernahm das Modell E2000+ die Eurostar-Konstruktion der frühen 90er Jahre mit 4-Tank-Architektur, komplett digitaler Avionik, steuerbaren Sonnensegeln usw., erfuhr jedoch einige Optimierungen, darunter eine angemessene Kapazitätserhöhung im Hinblick auf die hohe Leistungsaufnahme digitaler Direktfernseh-Satelliten. Die Plattform E2000+ hat sich im Orbit als extrem zuverlässig erwiesen. Von der aktuellen Nachfolge-Baureihe E3000 wurden bislang 24 Exemplare bestellt, darunter zwei für die fünfte Generation von ARABSAT-Satelliten.
Der Start gestern abend war der 184. Ariane Start über alle Varianten, der 40. Start einer Ariane 5, der 26. erfolgreiche Ariane 5-Start in ununterbrochener Reihenfolge und der vierte in diesem Jahr. Der nächste Ariane 5 Start ist für August geplant. Dann sollen die beiden Kommunikationssatelliten Superbird 7 und AMC 21 in den geostationären Transferorbit starten.