Header

Siebzig Prozent des Risikos einer Weltraummission liegen beim Start. Den hat GLAST heute Abend sicher hinter sich gebracht. Es sieht also gut aus für den Beginn der Forschungsmission des viereinhalb Tonnen schweren Gammastrahlen-Teleskops. Der Liftoff erfolgte um 18:05 Uhr mitteleuropäischer Zeit, oder 12:05 Uhr vormittags amerikanischer Ostküstenzeit. Das Raumfahrzeug sollte seine Reise eigentlich schon 20 Minuten früher antreten, aber die Trackingstation Antigua hatte ein Problem mit der Bahnverfolgungsantenne, sodass die Startmannschaft der United Launch Alliance noch einige Minuten zugeben musste, bevor sie die Rakete auf die Reise schicken konnten.

Als Träger wurde die schwerste Version der Delta 2 eingesetzt, die Delta 2 7925 "Heavy", die mit neun besonders schweren Zusatzboostern ausgestattet ist, von denen sechs bereits am Boden und drei weitere erst nach dem Ausbrennen des ersten Boostersatzes gezündet werden.

35 Sekunden nach dem Abheben durchbrach die Rakete die Schallmauer. 77 Sekunden nach dem Liftoff waren die sechs am Boden gezündeten Booster ausgebrannt und wurden abgeworfen. Unmittelbar vor dem Abwurf wurden die restlichen drei Zusatzraketen gezündet, die ihrerseits 77 Sekunden lang in Betrieb waren.

Vier Minuten 28 Sekunden nach dem Abheben war die erste Stufe ausgebrannt und Stufe zwei zündete für eine erste Brennperiode.

10 Minuten und 31 Sekunden nach dem Liftoff war die Parkbahn erreicht. Danach erfolge eine fast einstündige antriebslose Driftphase bis der höchste Bahnpunkt des elliptischen Übergangsorbits erreicht war. 68 Minuten und 17 Sekunden nach dem Verlassen der Rampe zündete das Triebwerk ein zweites Mal. Eine Minute und vier Sekunden nach der zweiten Zündung wurde das Triebwerk wieder stillgelegt.

75 Minuten und 9 Sekunden nach dem Verlassen der Startrampe 17B auf der Cape Canaveral Luftwaffenbasis wurde GLAST freigegeben. Noch einmal 20 Minuten später hatte GLAST die Solargeneratoren entfaltet und konnte damit beginnen, die Batterien wieder aufzuladen.

GLAST kreist jetzt in einer Höhe von etwa 560 Kilometern über der Erde und wird jetzt eine mehrwöchige Indienststellungsphase absolvieren, in der alle Systeme und Instrumente getestet und kalibriert werden.

Der heutige Start war der 333. einer Delta-Rakete, die zweite Delta-Mission dieses Jahres, die 136. Start einer Delta 2 seit dem Jahre 1989 und der 5. einer Delta 2 "Heavy".

Es war auch der 81. erfolgreiche Start einer Delta 2 in ununterbrochener Folge. Von den 136 Delta 2-Starts haben nur zwei als Misserfolg geendet.

 

Die Aussichten, für passendes Startwetter lagen nur bei 60 Prozent, wobei die Schlechtwetter-Wahrscheinlichkeit für das ende des Startfensters in den frühen Nachmittagsstunden am Cape noch zunahm.  Bei Regen und geschlossener Wolkendecke, sowie bei Blitzschlaggefahr und stürmischem Wind wird nach einigen Unfällen in der Vergangenheit nicht gestartet.

 

Die Startvorbereitungen verliefen aber problemlos. Um 15:30 Uhr MEZ begann die Betankung der ersten Stufe der Rakete mit hochreinem Kerosin, das die Bezeichnung RP-1 trägt. Gut 20 Minuten später waren die knapp 40.000 Liter Kerosin an Bord.  Um 16:21 begann die Betankung mit flüssigem Sauerstoff. Um 16:47 war auch diese Aktion abgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt wird weiterhin in kleinen Mengen nachgetankt, weil ständig geringe Mengen der sehr kalten Flüssigkeit verdampfen. Flüssiger Sauerstoff beginnt bei Temperaturen von mehr als minus 183 Grad Celsius zu verdampfen.

Einen Schwerpunkt der Untersuchungen mit GLAST, dem Gamma-Ray Large Area Space Telescope, werden die GRBs bilden, die Gamma Ray Bursts. Dabei soll ein Strahlungsbereich mit einer Bandweite überwacht werden, wie es seit dem Ende der Mission COMPTON/EGRET nicht mehr möglich war. Damit wird zum einen eine wichtige astronomische Überwachunglücke geschlossen, zum anderen werden derzeit laufende Missionen wie die des Forschungssatelliten Swift ergänzt. Seinen Vorgänger COMPTON wird es dabei leistungsmäßig erheblich übertreffen.

Das Observatorium verfügt über zwei Instrumente. Das Hauptinstrument LAT, das Large Area Telescope, hat ein sehr großes Gesichtsfeld von etwa einem Viertel des Gesamthimmels und wird Gammastrahlung mit Energien von etwa zwanzig Millionen eV (20 MeV) bis zu dreihundert Milliarden eV (300 GeV) messen. Zum Vergleich: das sichtbare Licht hat etwa ein eV Energie. 

Das zweite Instrument mit der Bezeichnung GBM (GLAST Burst Monitor) wird seine Messungen in einem Energiebereich zwischen 5.000 eV ( 5 keV) und 30 Mega-Elektronenvolt durchführen. Das LAT besteht aus einer Anordnung von übereinander geschichteten Siliziumstreifendetektoren. In ihnen werden die Spuren von Elektronen und Positronen gemessen, die durch Gammaquanten beim Paarerzeugungsprozess gebildet werden. Dabei verwandelt sich die gesamte Energie des Gammaquants in ein Elektron Positron-Paar. Damit ist es möglich, hochenergetische Gammaquellen am Himmel bis auf wenige Bogensekunden genau zu orten.

Der GBM dient als Alarm für den LAT, der sich nach einem registrierten Gammablitz auf dessen Position ausrichtet und nach dem hochenergetischen Nachleuchten, dem "Afterglow", Ausschau hält. Außerdem besitzt der GBM noch zwei Detektoren, die Gammastrahlung im Übergangsbereich der beiden Instrumente zwischen etwa 150 keV und 30 MeV messen können. 

Das Leuchtkraftmaximum liegt bei den meisten Gammabursts bei Energien um 250 keV, also weit unterhalb der Energieschwelle des LAT. Ohne den GBM wäre die Bestimmung dieses Leuchtkraftmaximums nicht möglich. Dieser Parameter hängt eng mit der relativen Bewegung von Beobachter und Quelle zusammen und gibt somit Aufschluss über die kosmologische Rotverschiebung und die relativistische Bewegung der emittierenden Teilchen. Für das Verständnis der Energieerzeugung in GRBs ist die Messung dieser Energie von entscheidender Bedeutung.

Astra