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Zum zweiten Mal in nur sechs Monaten, zum fünften Mal in 45 Starts seit dem Jahre 1996 und zum dritten Mal bei den letzten 22 Missionen scheiterte der Einsatz einer kommerziellen Proton M. Zum vierten Mal bei diesen fünf Fehlschlägen geht der Fehler auf das Konto der Breeze M-Oberstufe. Sie befand sich zum Zeitpunkt des Auftretens der Anomalie fast am Ende der zweiten von insgesamt drei Brennphasen.

Die Proton weist damit die mit Abstand schlechteste Startstatistik in ihrer Klasse auf. Sie liegt hinter der Ariane 5,  der Long March 3, der japanischen H-2A, der amerikanischen Atlas 5 und sogar noch hinter der nicht sonderlich zuverlässigen Zenit 3SL.

Die Fehleranfälligkeit der Proton wird der Vermarktungsgesellschaft ILS auf die Dauer Kunden kosten, vor allem weil die Versicherungssummen für diesen Träger steil steigen dürften.

Die Nutzlast bei dieser fehlgeschlagenen Mission, der Kommunikationssatellit AMC 14, befindet sich derzeit auf einer elliptischen Umlaufbahn mit einem höchsten Bahnpunkt von 27.900 Kilometern, einem niedrigsten Bahnpunkt von etwa 450 Kilometern und in einer Inklination von 51.5 Grad. Angestrebt war für das zweite Brennmanöver eine Bahn von 35.765 Kilometern zu 860 Kilometern. Bei einem dritten geplanten Brennmanöver, sieben Stunden nach dem Start, hätte der niedrigste Bahnpunkt auf 6.220 Kilometer Höhe angehoben werden sollen, und die Inklination auf 19.2 Grad gesenkt.

Der Start war am Samstagmorgen um 0:28 Uhr mitteleuropäischer Zeit erfolgt. Die drei Basisstufen der Proton arbeiteten nach Plan. Auch eine erste kurze Brennphase der Breeze M, mit welcher ein erster Parkorbit in einer niedrigen Erdumlaufbahn angesteuert wird, verlief wie vorgesehen. Um 1:17 Uhr begann das zweite Brennmanöver der Breeze M, das zunächst planmäßig verlief. Es sollte 34 Minuten und 24 Sekunden dauern. Aus noch ungeklärter Ursache schaltete das Triebwerk aber nach 32 Minuten und 8 Sekunden ab.

International Launch Services (ILS), die Gesellschaft, welche die kommerziellen Proton-Starts vermarktet, sprach von einer "Anomalie", die derzeit untersucht werde. SES Americom, Eigentümerin des Raumfahrzeugs, berichtete, dass derzeit die Optionen für ihren gestrandeten Satelliten untersucht werden. AMC 14 ist bereits von der Oberstufe getrennt. Ob der Satellit in der Lage ist, aus eigener Kraft den endgültigen Orbit zu erreichen, ist äußerst fraglich. Sollte man beabsichtigen, ihn weiter zu verwenden, muss er die derzeitige hochelliptische Bahn bald wieder verlassen. Momentan fliegt er bei jedem Orbit durch die Strahlungsgürtel der Erde, was auf die Dauer zu Schäden an der Elektronik führen wird.

Zum Erreichen seiner vorgesehenen Bahnhöhe und zum Anullierung der Inklination dürften nach einer überschlägigen Kalkulation eine Geschwindigkeitsänderung von mehr als 2.000 m/sec notwendig sein. Angesichts der üblicherweise an Bord eines im GTO abgesetzten Nachrichtensatelliten verfügbaren Treibstoffs (etwa 40-50 Prozent des Satellitengewichts), des Aerojet- Apogäumstriebwerks mit einem spezifischen Impuls von etwa 322 Sekunden und dem Anwenden etwas exotischerer Methoden (Inklinationswechsel in supersynchronem Orbit oder Mond-Swingby) könnte das eben noch ausreichend sein, würde aber kaum noch Treibstoffvorräte für einen sinnvollen Betrieb des Satelliten lassen. So erscheint es momentan eher wahrscheinlich, dass ein Deorbit-Manöver durchgeführt wird, der Satellit als Totalverlust abgeschrieben wird und die Versicherung zahlt.

Bei einem ähnlichen Fehler einer Proton im Jahre 1998 wurde der damals gestrandete Satellit Asiasat 3 auf eine Freiflugbahn um den Mond herum geschickt, um mittels eines komplexen Swingby-Manövers doch noch den vorgesehen Orbit ansteuern zu können.

AMC 14 wurde von Lockheed im Auftrag von SES Americom gebaut. Er basiert auf der A2100 Satellitenplattform. Der Satellit sollte Fernseh-Direktübertragungen an die Haushalte für die Kunden von DISH Network durchführen.

Sämtliche Proton-Missionsfehler der letzten Jahre waren übrigens nicht auf konstruktive Mängel des Trägers zurückzuführen. Die Auslegung der Proton ist solide und bewährt. Die Fehler waren durchweg auf Qualitätssicherungs-Probleme zurückzuführen: Schlampige Verarbeitung, kontaminierter Treibstoff und unterlassene Kontrollschritte bei den Startvorbereitungen. Man kann schon gespannt sein, was sich diesmal als Fehlerursache herausstellen wird.

Erfolgreich war dagegen nur wenige Stunden später in den USA der Start einer Delta 2 7925. Sie verließ die Startanlage 17A in Cape Canaveral um 7:10 Uhr mitteleuropäischer Zeit. An Bord der Navigationssatellt GPS 2R-19.

10 Minuten und 56 Sekunden nach dem Liftoff war ein erster Übergangsorbit mit einem Apogäum von 178 Kilometern und einem Perigäum von 150 Kilometern erreicht. 62 Minuten und 42 Sekunden nach dem Liftoff zündete die zweite Stufe erneut für etwa 35 Sekunden. Die Bahnparameter danach waren: Apogäum 1.070 Kilometer; Perigäum: 165 Kilometer.

64 Minuten und 17 Sekunden nach dem Verlassen der Startrampe erfolgte die Trennung von zweiter und dritter Stufe. Der Star 48B Drittstufenmotor, ein Feststofftriebwerk, nahm weitere 35 Sekunden später seinen Betrieb auf und war knapp zwei Minuten später ausgebrannt. Danach war eine Bahn mit einem höchsten Bahnpunkt von 17.600 Kilometern, einem niedrigsten Bahnpunkt von 170 Kilometern und einer Bahnneigung von 40 Grad zum Äquator erreicht.

Weitere zweieinhalb Minuten später erfolgte die Trennung von Drittstufe und Satellit.

Für die Zirkularisierung der Bahn in knapp 18.000 Kilometern Höhe wird nun der Bordantrieb des 2.2 Tonnen schweren Satelliten eingesetzt.

Damit war die 80. erfolgreiche Delta 2-Mission in ununterbrochener Folge abgeschlossen. Von den insgesamt 135 Flügen dieses Typs zurück bis ins Jahr 1989 waren 133 erfolgreich. Zählt man alle eingesetzten Delta-Missionen bis zurück in die frühen sechziger Jahre, dann war das aber schon die 332 Delta-Mission.

Und weil wir schon bei Statistik sind: Während in Europa die Verzögerungen bei der Etablierung eines GPS-System weiter andauern, war die aktuelle Mission bereits der 58. GPS-Satellit, den die US-Streitkräfte starten. Es war der 47. GPS-Satellit der mit einer Delta gestartet wurde, der 19. GPS-Satellit der Baureihe "Block 2R" und innerhalb dieser Serie, der 6. eines modernisierten Typs.

GPS 2R-19 wird im Slot 4 der Bahnebene A der amerikanischen Konstellation stationiert werden. Er löst dort GPS 2A-15 ab, der auf dieser Position seit September 1992 Dienst tat. Dieser Satellit, ursprünglich nur für eine siebenjährige Einsatzdauer konzipiert, wird nun als Reservesatellit auf der Bahnebene A Dienst tun.

Astra