Dieser Fehlschlag war komplett unnötig und wirft ein schlechtes Licht auf Europas Raumfahrt. Die Vega, ein weitgehend von italienischen ESA-Mitteln finanzierter und von Avio gebauter Feststoffträger für das Nutzlastsegment der unteren Mittelklasse versagte am 16. November innerhalb von nur drei Flügen zum zweiten Mal. Die beiden Satelliten an Bord, der spanische SEOSAT-Ingenio und der französische TARANIS, wurden dabei zerstört.

Der Flug mit den beiden zusammen 351 Millionen Euro teuren Erdbeobachtungssatellien begann zunächst planmäßig um 2:52 Uhr mitteleuropäischer Zeit am europäischen Weltraumbahnhof in Kourou/Französisch Guyana (entsprechend 22:52  dortiger Ortszeit). Die ersten drei Stufen arbeiteten problemlos, aber unmittelbar nach der Zündung der mit Hydrazin und Stickstofftetroxid betriebenen Avum-Viertstufe begannen die Probleme. Das Vehikel begann zu taumeln und konnte vom Bordcomputer nicht mehr kontrolliert werden. Die AVUM-Stufe stürzte, zusammen mit den beiden Satelliten, in der Region des Nordpols ab und dürfte vollständig in der Erdatmosphäre verglüht sein.

Ziel des Starts wäre eine sonnensychrone Bahn in einer Höhe von etwa 670 Kilometern und einer Bahnneigung zum Äquator von 98.1 Grad gewesen. Für diesen Doppelstart wurde der so genannten VESPA-Adapter verwendet, eine Abkürzung für Vega Secondary Payload Adapter. SEOSAT saß oben auf diesem Adapter, TARANIS war im Inneren eingeschlossen. SEOSAT sollte 54 Minuten nach dem Verlassen der Startrampe von der Avum-Stufe freigegeben werden, TARANIS nach 102 Minuten.

Eine sofort durchgeführte Analyse der Telemetrie und ein Vergleich mit den Produktionsdaten ergab, dass die Kabel, die zur Schubvektorkontrolle führten, vertauscht worden waren. Der Fehler erinnert stark an einen der aufsehenerregendsten Unfälle der Raumfahrtgeschichte, als im Juli 2013 beim Start einer Proton M ein Lagekontrollsensor in der ersten Stufe falsch herum eingebaut worden war, und der Träger daraufhin spektakulär noch in unmittelbarer Nähe des Startplatzes abstürzte. Auch hier lag ein gravierender Mangel in der Qualitätskontrolle vor.

Der 830 Kilogramm schwere SEOSAT-Ingenio wurde vom Spain’s Centre for the Development of Industrial Technology (CDTI) of the Ministry of Science and Innovation finanziert und über die Systemführung der ESA von Airbus Defence and Space Spanien entwickelt und gebaut. Bei ihm handelt es sich um einen klassischen optischen Beobachtungssatelliten, der unter anderem für Desaster Monitoring eingesetzt werden sollte. Ebenfalls mit an Bord war der 175 Kilogramm schwere TARANIS, benannt nach dem keltischen Gott des Donners. Es steht aber auch als Akronym für die Bezeichnung Tool for the Analysis of RAdiation from lightNIng and Sprites, welches die Aufgabe des Satelliten klar beschreibt. Entwickelt und gebaut wurde das Raumfahrzeug von der französischen Raumfahrtagentur CNES.

Insgesamt weist das Raumfahrtjahr 2020 mit neun Fehlschlägen bei bislang 93 Missionen eine miserable Bilanz auf. Man muss schon 49 Jahre zurückgehen, um auf eine noch schlechtere Erfolgsquote zu treffen. Damals, im Jahre 1971, waren es 15 Fehlstarts bei insgesamt 120 Missionen.

Bild: Startposter der Mission VV17; Quelle: Arianespace