Der mit immensem Bohei von Richard Branson und seiner Raumtransportfirma Virgin Orbit angekündigte „erste Orbitalstart von britischem Boden“ (was er keinesfalls war) ist am 10. Januar gescheitert. Dabei gingen neben viel Vertrauen vor allem auch neun Kleinsatelliten verloren. Es war der zweite Fehlschlag in insgesamt sechs Einsätzen des Trägers. Die Mission hatte von Branson und seiner Marketing-Crew den Slogan „Start me up“ bekommen, zu Ehren eines Songs der Rolling Stones aus dem Jahre 1981. Der Titel erschien seinerzeit bei Virgin Records, dem Plattenlabel von Branson.

Branson und seine äußerst umtriebigen PR-Crew wiesen immer wieder darauf hin, dass diese Mission der erste Orbitalstart von britischem Boden aus sei. Und zwar vom „Spaceport Cornwall“ aus. Bei diesem „Spaceport“ handelt es sich allerdings lediglich um den verschlafenen Provinzflughafen „Newquay Airport“, auf dem Fluggesellschaften wie Ryanair, Scandinavian Airlines, Flyby, Eurowings und andere Linien meist saisonale Passagierflüge unternehmen. Mit dem Titel „Spaceport“ wollte man den eher ländlichen Charakter des Flughafens aufpäppeln. Immerhin: Die 2.750 Meter lange einzige Start- und Landebahn ist lang genug, um auch eine Boeing 747 aufzunehmen, sofern sie nicht mit maximaler Zuladung startet.

Dennoch ist erkennbar: Für den Titel „Erster Orbitalstart von britischem Boden“ muss schon eine ganze Menge guter Wille bemüht werden, denn alles was geschah war, dass sich das Trägerflugzeug von Virgin Orbit, eine modifizierte Boeing 747, mit der Launcher One-Rakete unter dem Flügel, von Cornwall aus stracks über internationale Gewässer begab und dort, südlich von Irland, die Rakete abwarf, die sich dann in den Orbit begeben sollte. Was sie wegen einer Minderfunktion der zweiten Stufe allerdings nicht schaffte.

Die Nutzlasten, die bei diesem verunglückten Start nicht in den Orbit geschafft haben sind:

  • CIRCE A und B, eine Zusammenarbeit des British Sciency and Technology Laboratory und dem US Naval Research Laboratory. Ihre Aufgabe sollte die Ionosphärenforschung sein. Zwei 6Unit-CubeSats.
  • Er sollte der erste Erdsatellit des Oman werden. Ein Erdbeobachtungssatellit gebaut von ETCO und SatRev. 3Unit-CubeSat.
  • DOVER Pathfinder. Ein britischer Technologiedemonstrator der RHEA-Group. Ein 3Unit-CubeSat.
  • ForgeStar-0. Ein Technologiedemonstrator für In-Orbit-Fertigung. Entwickelt und gebaut von Space Forge. Ein 3Unit-CubeSat.
  • IOD Amber von Satellite Applications Catapult. Für maritime Überwachungsaufgaben. Ein 6Unit-CubeSat.
  • Prometheus 2A und 2B. Ein Gemeinschaftsprojekt des britischen und des US-Geheimdienstes. Dabei handelt es sich jeweils um 6Unit-CubeSats mit einem Gewicht von jeweils etwa zehn Kilogramm.
  • Stork 6. Ein polnischer Erdbeobachtungssatellit von SatRevolution. Ein 3Unit-CubeSat.

Der Einsatz begann etwa gegen 23:00 Uhr mitteleuropäischer Zeit am 9. Januar, als die Boeing 747 mit der Bezeichnung „Cosmic Girl“ in Cornwall startete. Gegen 0:11 Uhr warf der Träger den Launcher One vor der Küste Irlands über internationalen Gewässern ab, was den tatsächlichen Start der Mission markierte. Wenige Sekunden nach dem Abwurf zündete die erste Stufe, deren gesamte Brennphase offensichtlich normal verlief. Auch die Stufentrennung zwischen erster und zweiter Stufe und der Abwurf der Nutzlastverkleidung 20 Sekunden nach der Zündung verliefen nominal. Die darauf folgende Fehlfunktion muss bereits ab der ersten Flugminute im Betrieb der Zweitstufe aufgetreten sein. Aus der im öffentlichen Livestream übermittelten Telemetrie war klar zu erkennen, dass der Oxidator wesentlich schneller aufgebraucht wurde als der Treibstoff. Zusätzlich sank der Druck im Oxidator-Tank, was auf ein Leck entweder im Tank oder in der Sauerstoffleitung hinweist. Ein Fehler dieser Art war bereits bei der Mission 1 aufgetreten.

Wäre alles nach Plan verlaufen, dann hätte der Launcher One seine Nutzlasten in einem polaren sonnensynchronen Orbit in einer Höhe von 555 Kilometern und einer Bahnneigung zum Äquator von 97,6 Grad abgesetzt.

Bild: Missionslogo für den Start. Quelle: Virgin Orbit